Turnier

Aaah. Turniere. Seien es kleine gemütliche, die an einem Tag abgerissen sind oder gefühlte Marathons die über 3 Tage gehen, Turniere haben einen gewissen Reiz.

Natürlich, auf den aller wenigsten Turnieren wird es um so etwas wie Fluff oder Narrative gehen. Auf Turnieren kommen in der Regel die käsigsten Listen, die die Leute haben bauen oder aus dem Internet laden konnten, zusammen. Gepaart mit Spielern, die diese Listen dann auch spielen können sowie Spielern, die zwar die mega erfolgreiche Metaliste aus dem Netz gesaugt haben, aber daran scheitern sie genau so zu spielen wie der ursprüngliche Schöpfer. Und natürlich einem großen Spektrum an Spielern deren Fähigkeiten quer über den, sagen wir mal Skilllevel verteilt sind und deren Listen von “kompetitiv” bis hin zu “das kann nicht sein ernst sein” reichen.

Ich liebe Turniere, hat man doch die Chance neue Leute kennen zu lernen, oder auf alte “Rivalen” zu treffen, mit dem man seit dem letzten Turnier noch eine Rechnung (im spielerischen Sinne) offen hat. Und es ist eine Veranstaltung bei der man (hoffentlich) niemandem erklären muss, was ein Tabletop Wargame ist, sondern quasi nur Leute hat, mit denen man Fachsimpeln kann und sich über Lore nach Herzenslust auslassen kann. Gut, manch ein Turnierspieler wird evtl. nicht ganz so firm in Lore Sachen sein… aber dann kann man immer noch über Listen oder Regelfragen fachsimpeln.

Aber nicht alles auf dem Turnier ist wie ein all you can eat der guten Gefühle. Da ist die Anspannung, wen man in der ersten Runde als Gegner bekommt, welchen von den Tischen man bespielen darf, für manche das Aufflackern nervöser Panik, weil einem jetzt gerade auffällt, dass die eigene Liste (egal wie oft man sie getestet hat) gar keinen Sinn ergibt, ja sogar so gebaut ist, dass man verlieren muss usw. usw. usw. Und natürlich der körperliche Stress, in einem sagen wir einmal 10 Stunden Abschnitt dreimal hintereinander (mit kleinen Pausen) hoch konzentriert und unter Zeitdruck spielen zu müssen. Ist man nun noch darauf auf zu gewinnen und nicht einfach nur aufs Dabei-Sein, kann ein Turnier auch eher etwas werden, dass man mit gemischten Gefühlen erwartet. Ich unterstelle mal, wer kompetitiv spielen will, weil er eben gewinnen will, der nimmt auch in Kauf, dass Spaß eventuell nicht an der ersten Stelle steht für ihn. Er muss sich konzentrieren, er muss gut spielen, er muss die Gegnerlisten nach Möglichkeit alle kennen um zu wissen, was er gegen welche Liste spielt.

Da ich persönlich nicht so denke (was in keinem Fall als Kritik gemeint ist, nur um zu verdeutlichen, dass ich nur raten kann wie es in dieser Sorte Spieler gefühlsmäßig ablaufen mag) spekuliere ich, dass der Spaß für sie (oder was auch immer) entsteht, wenn Ihre Liste und ihre Taktiken so laufen, wie sie das geplant hatten bzw. sie aus ihrer Sicht keine Fehler machen bzw. wenig genug um sich selbst keine Vorwürfe machen zu müssen. Und natürlich wenn sie eine Platzierung erreichen, die sie zufriedenstellt.

Ähnlich jedenfalls geht es mir. Ich freue mich, wenn meine Liste so funktioniert, wie ich versucht habe es in zahlreichen Testspielen herauszuarbeiten. Ich freue mich, wenn ich einen Gegner habe, mit dem man ein angenehmes Spiel verbringt, gleich wer gewinnt. Ich freue mich besonders, wenn ich es geschafft hab auf kleinliches Nachfragen und geningle zu verzichten. Und natürlich wenn ich es geschafft habe, meinen Gegner nicht mit sinnfreiem Trash-Talk zu nerven (also außer er gehört wie ich zu der Sorte die einen ordentlichen Trash-Talk zu schätzen weiß). Und natürlich freue ich mich, wenn ich gewinne.

Verlieren macht wohl den wenigsten Spaß, aber in einem Turnier besteht immer die Gefahr zu verlieren. Entweder man trifft eine Fehlentscheidung, der Gegner trifft bessere Entscheidungen oder die Würfel zeigen einem, dass man heute eben den ganzen Tag am falschen Ende der gaußschen Normalverteilungskurve für Würfelergebnisse verbringen muss. Also hilft nur, versuchen etwas fürs nächste Mal zu lernen und ansonsten aufhören sich Sorgen zu machen und Anfangen die Bombe zu lieben.

Die Vorbereitung auf ein Turnier sollte man nicht vernachlässigen. Klar, wenn man nur für den Spaß da hin fährt, seine fluffige Liste mal auf ein Turnier auszuführen oder seine mega bemalte Armee von allen Seiten bewundern zu lassen ist Training nicht so wichtig. Will man aber mit Aussicht auf Erfolg an einem Turnier teilnehmen sollte man Zeit in Übung stecken. Wie das im Speziellen laufen sollte, dass können andere mit Sicherheit genauer und besser als ich ausführen. Aber ein paar einfache Grundsätze gibt es schon:

Man sollte die Liste, die man spielen will, mehrere Male gegen so viele andere Armeen wie möglich testen. Nur so kann man ihre Stärken und Schwächen herausfinden. Man sollte auch die Liste nicht nach jedem Spiel drastisch ändern. Erst wenn man sich sicher ist, dass es kein “Ausrutscher” eines Elements der Armee ist oder man das Gefühl bekommt, ein bestimmtes Modell macht eigentlich nichts als entweder nutzlos rumstehen oder immer nutzlos zu sterben, erst dann sollte man es entfernen. Hat man eine Liste gebaut (oder auch im Netz gefunden, ich persönlich sehe da nichts falsches dran, man sollte sich nur im Klaren darüber sein, dass die meisten erfolgreichen Listen da draußen gebaut wurden um einen bestimmten Zweck oder Plan zu erfüllen), bei der man das Gefühl hat sie läuft einigermaßen (also erfüllt die eigenen Erwartungen an die Liste (1)) beginnt dann das eigentliche Training.

Also Scoren von was für Objectives gerade auch zu scoren sind, wie verhalte ich mich auf die Liste des Gegners entsprechend, was für Sonderregeln meiner Armee brauchen wann wie viele von evtl. beschränkt vorhandenen Ressourcen usw. Nur so bekommt man ein gutes Gefühl für die Liste und vermeidet im Turnier, dass man aus Aufregung Fehler macht oder wichtige Regeln vergisst.

Ist dann der Tag gekommen, man hat seine Anmeldung hinter sich, die Liste ist eingereicht und man bekommt die Listen der anderen zu sehen (vielleicht nicht bei jedem Turnier so, aber bei jedem auf dem ich bislang war) sind auch dabei wieder (mindestens) zwei Dinge zu beachten:

Man darf sich keine Angst vor den gegnerischen Listen einreden.

Man muss/sollte sie sich alle gründlich durchlesen, im Idealfall (wenn man so viel Engagement aufbringen kann) spricht man jede Liste mit Freunden/Trainingspartnern durch und versucht zu beleuchten, was man gegen diese spezielle Liste zu beachten hat und wie man am besten gegen sie spielt. Ein gewaltiger Aufwand bei großen Turnieren (wo es leicht über 100 Teilnehmer sein können) und nur dann mit Nutzen verbunden, wenn man sich das alles auch merken kann bzw. es irgendwie so notieren kann, dass man in der kurzen Zeit nach Gegnerbekanntgabe auf dem Turnier und Spielbeginn es wieder abrufen kann um Nutzen aus diesen Notizen zu ziehen.

Mit dieser etwas ausufernden aber keinesfalls erschöpfenden Aufzählung von Dingen, die kompetitive Spieler, die es ernst meinen (oder so), beachten, will ich diesen Beitrag noch mit etwas vielleicht ermutigendem abschließen:

Es hört sich vielleicht nach viel Aufwand an und dass ist es auch. Aber nimmt man sich die Zeit, wird man auch ein besserer Spieler werden (wenn auch nur in Babyschritten wie gefühlt bei mir) und erlebt das eine oder andere Erfolgsgefühl wenn man auf Platzierungen kommt, für die es auf dem letzten Turnier nicht gereicht hat.

Und natürlich gibt es auch immer noch die Variante, dass man am Abend vor der letzten Listenabgabe irgendwas zusammen wirft, die Liste einreicht und dann schaut, wie weit man mit zero Effort kommt, weil man eben auf sein Glück und seine intuitives Spiel beim Turnier vertraut (oder einfach die Herausforderung liebt, zu schauen wie weit man mit einer suboptimalen Liste kommt).

In diesem Sinne:

Viel Spaß und viel Glück.

(1): Mit Erwartungen an die Liste ist gemeint: Was habe ich mir gedacht, was die Liste gut können soll? Z. B. im Bezug auf die 9. Edition Warhammer 40.000: Welche Secondaries gebe ich ab, welche score ich gut, welche kann ich gut kontern, was mache ich mit der Liste gegen welche Art Gegner? Warum ist eine bestimmte Einheit in meiner Armee, eine andere aber nicht? Eine Armee nach dem Gesichtspunkt bauen: boah das Modell finde ich sexy ist nicht unbedingt falsch. Aber man darf halt nicht erwarten, dass diese Armee dann auch gut funktioniert.