Wie werde ich besser Teil 1: Wo die wilden Listen wohnen

Eine schwierige Frage für mich, aber meinem eigenen Lernprozess folgend kann ich, glaube ich, doch den ein oder anderen Tipp bzw. Empfehlung abgeben.

Oder schnorre auch schamlos Weisheiten von anderen. Also wenn ihr euch durch die Wand aus Text gekämpft habt hinterlasst gern eure Meinung/Tips/Erfahrungen in den Kommentaren.

Die vielleicht schwierigste Lektion für mich war: Willst du ernsthaft kompetitiv spielen musst du jeglichen Gedanken an Fluff, narrative oder ähnliches über Bord werfen und lernen wie man seelenlose Listen schreibt, die darauf abzielen die aktuellen Anforderungen, die das Spiel an den kompetitiven Spieler stellt, am besten bedienen. Hier soll seelenlos nicht unbedingt eine Abwertung meinen, oder hervorgehoben negativ erscheinen, sondern klar machen, dass man sich von Vorstellungen oder Wünschen wie: OOOh ich will aber das dieses hübsche Modell toll funktioniert eben weil es hübsch ist oder hier meine total fluffige und narrative Liste die aber eben null punkte pro Runde scoren wird usw., trennen muss.

Die meisten Turniere für 40K verwenden zur Zeit die Regeln aus dem Grand Tournament Pack, d. h. man spielt eine der beschriebenen Missionen und wählt 3 Secondary Objectives aus. Gewinnen tut am Ende der Spieler mit den meisten Victory Points, nicht der, der am meisten umgebracht hat. Aus diesen Informationen lassen sich bereits Grundsätze für das Planen und bauen der eigenen Liste ableiten:

1.: Je schwieriger ich es meinem Gegner mache gute secondaries zu wählen desto besser. Wenn mir also möglich ist, eine Liste zu schreiben, die gut funktioniert, aber meinem Gegner jegliche Kill Secondaries verweigert (also Secondaries, die meinem Gegner VPs dafür geben bestimmte Einheiten von mir zu töten) wäre das ideal.

2.: Daraus folgt, dass meine Liste wiederum möglichst drei Secondaries bedienen können sollte, die in keiner Weise von meinem Gegner abhängen. Mehr wäre natürlich noch besser.

3.: Welche Secondaries kann ich darüber hinaus fast immer gut bedienen? Ich denke hier spezifisch an solche Sachen wir Grind them Down, Stranglehold, Eradication of Flesh, Herd the Prey, Mutate Landscape, Stubborn Defiance, Spread the Sickness,… (viele der genannten sind Codex spezifische Secondaries) die in seltenen Fällen vielleicht nicht auf den jeweiligen Gegner passen, aber meistens doch gut maximiert werden können.

4.: 45 Victory Points sind maximal für die Primary Objectives auf dem Spielfeld zu holen. Meine Liste sollte also auch einen Plan enthalten, wie ich diese 45 auf jeden Fall mitnehme. (Natürlich ist “auf jeden Fall” immer relativ zu sehen. Egal wie gut man seine Liste baut, irgendwo da draußen lauert der harte Counter für genau diese Liste und wird evtl. auf einem Turnier über einen herfallen. Hier bleibt nur tapfer zu schlucken und dann halt mit Anstand unterzugehen.)

Wesentlich dabei ist: habe ich in meiner Armee Elemente um dem Gegner Objectives wegzunehmen? Werden diese Elemente in der nächsten Runde auch noch auf dem Objective sein, damit ich sie auch score? habe ich gegebenenfalls genug Einheiten um exponierte Objectives mit mehr als einer Einheit zu halten, sodass mein Gegner erheblich Aufwand investieren muss, um mich von dem Objective zu entfernen?

Einheiten, die die ability „objective secured“ (obsec in kurz)haben oder bekommen können sind dabei besonders wertvoll. Ein Space Marine Charakter z. B. dem man Rites of war als Warlord Fähigkeit gibt, verleiht obsec allen Core und Charaktereinheiten in 6“. Dadurch werden selbst sehr haltbare Einheiten wir Terminatoren, Bladeguard Dreadnaughts usw. plötzlich Obsec Einheiten und der gegner muss seine meist weniger haltbaren obseceinheiten dazuschieben um mehr modelle auf dem Objective zu haben oder alle diese schwer zu entfernenden Einheiten töten, um das objective zu räumen.

Wie genau die 4 Punkte oben für die vorhandenen Fraktionen zu erfüllen sind ist natürlich schwer allgemein zu sagen. Aber es führt zu einem weiteren sehr wichtigen Punkt:

Sich in Ruhe hinsetzen und wirklich aufmerksam den eigenen Codex lesen. Und zwar so, als wäre es der erste Codex dieser Armee, den man jemals in der Hand hält. Man befreit seinen Geist von jeglicher Erwartung oder Annahme, man wüsste ja schon wie diese oder jene Einheit läuft. Wie oft muss ich mir Fragen nach Stratagems oder Fähigkeiten von Modellen anhören, die es entweder nie gegeben hat oder nur in einer anderen Edition (von reinen, scheinbar durch Wunschdenken entstandenen Werten/Fähigkeiten usw. ganz abgesehen). Für die Entwicklung einer konsequent effizienten Spielweise und der Möglichen Steigerung des eigenen Spiels ist es unerlässlich sicher mit den eigenen Regeln zu sein. Allein schon aus Zeitgründen. Nicht selten werden auf Turnieren Schachuhren verwendet, man hat also in den meisten Formaten so um die anderthalb Stunden Zeit für alles. (Also… man hat natürlich auch ohne Schachuhr nicht mehr Zeit) Würfeln, Bewegen usw. Brauch man jetzt noch Zeit um Dinge wie Psikräfte, Stratagems oder die Werte von Grundeinheiten nachzuschlagen droht die Gefahr das Spiel allein dadurch zu verlieren, dass einem die Zeit ausläuft.

Sich intensiv und aufmerksam mit den eigenen Regeln zu beschäftigen ist also unerlässlich. Aufmerksam kann hierbei nicht genug betont werden. Jedes Stratagem, jede Psikraft und jeder andere Regelfetzten muss vom ersten Wort bis zum letzten aufmerksam gelesen werden. Zu oft passiert es, dass man drüber hinweg liest und denkt, ah, das ist ja wie in der vorangegangen Edition und hört auf bewusst zu lesen. Häufig unterscheiden sich in den Editionen (jedenfalls von 8. zu 9.) die Regeln manchmal nur durch ein, zwei Worte die aber weitreichende Konsequenzen für die Anwendung der Regeln haben können. Auch mit diesem Vorsatz im Kopf wird es oft genug passieren. Die Regeln sind nicht immer übersichtlich präsentiert und leider verteilt GW seine Regeln (mit weitreichenden Auswirkungen) gern über mehrere Bücher und/oder FAQs.

Hat man also seinen Codex studiert und eine Übersicht gewonnen was die Armee gut oder eben nicht gut kann (oder denkt zumindest, man hat eine Übersicht gewonnen) sollte man versuchen nun alles zusammenzufügen und eine Armeeliste zu bauen, die als erstes die Anforderung erfüllt Objectives zu scoren (sowohl Primary als auch secondary), danach erst den Punkt erfüllt, den Gegner möglichst am scoren seiner eigenen zu hindern. Entweder, in dem Sie genug Damage output hat, um dem Gegner seine scorenden Einheiten schnell genug wegzunehmen oder indem sie so schnell ist, dass sie dem Gegner jegliche Bewegungsfähigkeite nimmt und er so erst zu spät anfangen kann überhaupt zu scoren.

Ab hier hilft nur spielen. So viel wie nur irgend möglich. Gegen so harte Gegner wie möglich. Möglichst baut man die Armee ca. 4 bis 5 Spiele lang nicht um, damit man eine realistische Chance bekommt festzustellen, welche Einheit taugt oder einfach nie was macht. Besser noch, man spielt noch sehr viel länger wieder und wieder dieselbe Liste (oder 2 bis 3 Listen, die man nebeneinander gebaut hat, um verschiedene Spielstile zu testen), um so ein Gefühl für die Armee zu bekommen und vor allem auszuschließen, dass es nicht doch an Würfeln und Zufall gelegen hat, dass die Armee nicht funktioniert hat. Es empfiehlt sich auch, wo möglich, gegen so unterschiedliche Gegner zu testen wie man kann (sowohl die Spieler selbst als auch unterschiedliche Fraktionen).

Nur durch regelmäßiges Spielen und Analyse der Spiele wird eine Verbesserung möglich sein (Naturtalente außer Acht gelassen). Auf großen Turnieren entscheidet nicht zwangsläufig die Liste darüber, ob man gewinnt oder verliert (auch wenn, dass muss gesagt werden, es eine große Rolle spielt) sondern auch, wie gut man das Spiel und seine Liste beherrscht. Wo andere Spieler eventuell einfach davon abgelenkt sind, dass sie versuchen sich an Regeln, Stratagems und ähnliches zu erinnern, wird der geübte Spieler Zeit haben nach wichtigeren Dingen Ausschau zu halten. Wo mach mein Gegner Fehler? Wo ist seine Positionierung so, dass ich sie gegebenenfalls ausnutzen kann, um meinem Spiel noch mehr Hochwasser zu verleihen oder auch um eine wichtige Erkenntnis relativ sicher treffen zu können: Muss ich überhaupt groß handeln? Im idealen Fall reicht es, seinen Plan runterzuspielen ohne groß überhaupt mit dem Gegner zu interagieren. Selbst wenn man dann getabled wird, was solls? Solange man bis dahin einen nicht einholbaren Punktevorsprung hat, reicht das aus und man hat gewonnen. Jede Überlegung, jeder Gedanke der von dem Kernziel, mehr Punkte als der Gegner zu erzielen, ablenkt ist nutzlos. Dinge wie sinnlose Charges und Risiken sind was fürs narrative Spiel, wo es einem egal sein kann, dass man das ganze Spiel verliert, aber stolz darauf ist, dass man seine Armee loremäßig richtig gespielt hat. Sicher, man kann so auch ans Turnierspiel herangehen, dann darf man sich aber nicht wundern, wenn das kompetitive Spiel sich nicht weiterentwickelt.

Hat man sich eine gute Spielpraxis antrainiert, kann man natürlich auch wieder anfangen nach anderen Herausforderungen zu suchen. Wie das spielen mit einer nicht optimalen Liste, weil man es eben drauf ankommen lassen will oder man es einfach satt hat zum xten mal dasselbe langweilige Konzept runterzuspielen. Oder eben auch unnötige Risiken einzugehen, um zu schauen, wie man damit den Gegner verunsichern kann, um so Spielfehler von ihm zu provozieren.

Oder so etwas in der Art. Ich bin mit Sicherheit nicht einer der Top Turnierspieler und habe auch nicht die Ambition einer zu werden. Aber ich kann versichern, dass regelmäßiges und aufmerksames Training einen weiterbringt. Das wichtigste dabei ist meiner Meinung nach, dass man immer einen offenen Geist behält für die Lektionen, die einem diese Spiele mitgeben und eben auch versucht, das Gelernte umzusetzen.

In diesem Sinne:

Viel Spaß und viel Glück.

der unglaubliche Ochsenfrosch