Was soll das heißen, die gibt es auch in Bunt?

Nun… allem Humor zum trotz, ganz so ahnungslos wie die Überschrift denken lässt war ich noch nie, was das Thema Farbe auf Modellen angeht. Nun habe ich einen Onkel, der Soldaten aus den napoleonischen Kriegen sammelt und bemalt (natürlich so originalgetreu wie die Quellen hergeben) aber das als alleinigen Hobbyinhalt fand ich seltsam. Wozu all die tollen Modelle, wenn man damit nicht spielt? Aber selbst als ich mit dem Hobby anfing hatte ich schon versucht meine Modelle mehr schlecht als recht zu bemalen. Ich war jung, ich hatte viel Freizeit und ich hab es nicht ungern gemacht… denke ich jedenfalls.

Ca. 30 Jahre später ist die Welt eine andere. Es ist ein finsterer Ort… voller Videos, Bildern, Vlogs und was nicht alles in dem mir andere vorführen wie viel besser sie malen können als ich, was leider nicht zu meiner Motivation beiträgt den Pinsel in die Hand zu nehmen und selbst Farbe auf meine Modelle zu bringen. Ganz abgesehen davon, dass grundsätzlich das Hobby wegen dem Spielen und nicht wegen dem Malen betreibe. Selbst das Zusammenbauen von Modellen macht mir (meistens) mehr spaß.

Nun ist es aber nicht unkritisch seine Modelle nicht zu bemalen. Zum einen gibt es Turniere, die einen mit unbemalten Modellen erst gar nicht mitspielen lassen (was ich verstehen könnte, wenn diese Turniere spektakuläres Gelände bieten würden, was auf den meisten Turnieren auf denen ich bis jetzt gewesen bin nicht so sehr der Fall war, aber ich schweife ab.), zum Anderen sieht ein Tabletopspiel mit zwei bemalten Armeen auf gutem Gelände einfach sehr viel besser aus und verbreitet auch eine ganz andere Atmosphäre. Beispiele wie diese lassen sich sicherlich noch mehr finden, aber belassen wir es dabei, dass bemalte Modelle irgendwie zum Hobby dazugehören zu scheinen. Nur… wie soll man das schaffen? Um sich die Modelle leisten zu können braucht man einen Job, der eine nicht unerhebliche Zeitspanne des Tages in Anspruch nimmt (Ausnahmen mal wieder außen vor gelassen). Unter Umständen kommt auch noch ein Privatleben mit Freunden, Lebenspartner*/innen, Haustieren und/oder Katze hinzu. Bars/Clubs/Museen etc. wollen besucht werden, das Fittnesstudio/der Sportverein sollen auch nicht zu kurz kommen (ja ok, in der momentanen Situation vielleicht nicht, aber vielleicht wird es ja auch mal wieder anders). Kurz: Frei verfügbare Freizeit scheint manchmal Mangelware zu sein und diese will man ja eigentlich mit dem Spielen verbringen und nicht mit malen. Oder man will sie mit malen verbringen, kann sich aber nicht aufraffen, weil man die momentanen Projekte anschaut und sich im Kopf schon eine Art Barriere aufbaut, auf der zu stehen scheint: Kein Sinn jetzt noch anzufangen, das Farben anmischen dauert zu lange, oder da ist viel zu viel zu machen und ich muss morgen ja wieder früh raus oder oder oder. Ich denke “Ausreden” oder “schwerwiegende Hindernisse” wegen denen man nicht zum Pinsel greift kennt jeder ab und zu (und wenn nicht… schreibt gerne hier oder in unserem Discord wie ihr das macht ^^)

Für uns andere, die warum auch immer sich einfach nicht aufraffen können Farbe auf ihre Miniaturen zu bringen, der Versuch eines kleinen Leitfadens zur Selbstmotivation und vielleicht auch zum langfristigen Gesinnungswandel.

Grundsätzlich sollte jeder für sich und nur für sich entscheiden, warum er seine Modelle wie anmalen will. Damit meine ich nicht so etwas wie ein Farbschema für eine Armee oder eine konkrete Vorstellung, wie das Modell nachher aussehen soll. Sondern sich einmal Zeit zu nehmen gründlich darüber nachzudenken, was die Hauptmotivation für einen ist, die Modelle zu bemalen. Für mich ist ein großer Frustfaktor schon immer gewesen die toll bemalten Modelle anderer Spieler zu sehen. In meiner Gedankenwelt besteht weder die Ambition noch die künstlerische Begabung (oder oft auch die Geduld) die notwendigen Fähigkeiten zu erlernen zu einem herausragenden Miniaturenmaler zu werden. Würde ich versuchen meine Modelle auf einen Standard zu bringen, den ich bei anderen sehe bräuchte ich für einen Ork einen Monat oder so. Sicher, so etwas kann alles subjektiv sein, aber für mich war es immer ein Grund, der mir die Lust am Malen gründlich verdorben hat. Erst als ich mir hab klarmachen können, dass ich es gar nicht auf eine Armee abgesehen hab, die Best Painted Preise oder so gewinnt sondern auf eine Armee, die im üblichen Abstand zu den Modellen auf einem Tisch gut aussieht, fiel es mir leichter öfter zum Pinsel zu greifen. Das soll in keinem Falle ein Appell sein schludrig zu arbeiten oder gar jegliche Ambition im Bezug auf Bemalqualität fahren zu lassen oder so. Aber ich denke, wenn man sich unbefangen damit auseinanderzusetzen versucht, was man eigentlich für ein Endergebnis erwartet und was einem egal ist (oder egal sein sollte), ist man vielleicht in der Lage Frustration und damit Unlust zum Weitermachen zumindest etwas einzudämmen. Selbst wenn die eigenen Ansprüche hoch sind oder die Ambitionen auf einem gehobenen Niveau liegen, hilft es sicherlich sich das vor dem Anfangen klar zu machen, damit man weiß, worauf es konkret hinzuarbeiten gilt.

Diese Überlegungen helfen bei dem nächsten Schritt (beziehungsweise hilft dieser Schritt auch beim vorangegangenen). Informationen Sammeln über Maltechniken. Das Internet ist ein Ort voller Information. Manches seltsam und verstörend, anderes langweilig und scheinbar nutzlos. Aber es gibt auch viel hilfreiches. Eine riesige Anzahl an Videos, Artikeln und Podcasts und was sonst noch über das Thema, wie bemale ich meine Miniatur. Auch wenn es sich zunächst anfühlen mag wie ein weiteres Hilfsmittel das Bemalen zu vermeiden, können die Videos neben dem Vermitteln von neuen oder einfach guten Techniken auch etwas anderes bewirken: Die Lust am Ausprobieren dieser neuen Techniken. Um hier wiederum einem gewissen Frust vorzubeugen sollte man eben vorher bedenken, wonach man sucht (wie so oft im Internet). Steht man zum Beispiel gefühlt am Anfang des Malens und ist sich nicht sicher, wie man sein Modell überhaupt bemalen soll, ist das Video über Freehand-Kleinstkunstwerke auf Adeptus Sororitas Schulterplatten vielleicht nicht der geeignetste Anfang.

Ist Inspiration geschaffen, scheint der Weg gewählt bleib noch das andere große Problem unserer Zeit: die Zeit. Gefühlt hat man nie genug für das, was man eigentlich schaffen will oder meint schaffen zu müssen. Auch hier hilft die vorausgegangene Kontemplation des Themas. Oder auch: was kann ich realistisch in einer Stunde oder einer halben schaffen? Diese Erkenntnis gepaart mit dem Entschluss, dass eben das, was man in dieser Zeit schafft genug ist kann helfen einfach mal für eine halbe Stunde oder eine ganze Stunde den Pinsel zu schwingen. Hat man die Möglichkeit diese kleinen “Malsprints” regelmäßig zu absolvieren, schafft man eventuell mehr als in 4 Stunden am Stück, die man hauptsächlich damit verbringt sich Gedanken zu machen, was man überhaupt machen will oder erst einmal die Auswahl trifft, welche Modelle jetzt ran sollen. Je mehr man solche Überlegungen auf Zeiträume verlagert, in denen man zwar Zeit hat (z. B. fahren mit den öffentlichen Verkehrsmitteln) aber nicht malen kann desto mehr Zeit bleibt dann für die tatsächliche Arbeit. Es kann auch helfen, sich Fotos von den eigenen, unbemalten Modellen zu machen und diese dann unterwegs zu betrachten, um so im Vorhinein zu überlegen, wie man welche Stelle bemalen will. Für den einen oder anderen kann so eine visuelle Stütze hilfreicher sein, als Artikel oder Videos. Man hat quasi das Projekt vor sich und kann sich Gedanken machen, wo welche Farben hinkommen sollen.

Für den Ablauf selbst, sollte man seinen Arbeitsplatz so einrichten, dass man an das, was man braucht auch schnell und einfach rankommt, also nicht erst lang nach den Pinseln suchen muss, oder den Farben oder den Miniaturen. Benutzt man gemischte Farben oder sind die Abstände zwischen den Malarbeiten größer sollte man Notizen machen, welche Farben in welchen Mischverhältnissen für was verwendet wurde. So vermeidet man, dass der Alltagsstress wichtige Informationen auffrisst, wie etwa ob man die Haut nun mit 1/3 verdünnter Farbe angefangen hat oder mit halb und halb usw.

Hat man sich für eine Vorausplanung des zu erledigenden entschlossen wird aber früher fertig als gedacht sollte gut überlegt werden, ob man noch wirklich einen neuen Schritt anfangen will oder nicht. Schließlich hält sich Farbe auch auf einer verschließbaren WetPalette im Kühlschrank nicht ewig, also sollte man gut einschätzen können wie viel Farbe man braucht, oder besser noch wird aufbrauchen können, bevor die Malzeit wieder vorbei ist.

Das wars auch schon wieder von mir, ich hoffe der Artikel hilft ein bisschen eure Armeen und unsere Welt etwas bunter (oder grim darker) zu machen.

Viel Spaß und viel Glück

der unglaubliche Ochsenfrosch