Motivation und wo sie zu finden ist

Es ist so weit. Man hat seine Turnierliste, man ist sich sicher, das ist jetzt das wahre und man spielt. Und spielt. Und… spielt? Und spielt vielleicht noch weiter. Aber irgendwann kommt der Punkt an dem Man denkt, es reicht, ich kann die Liste oder die gesammte Fraktion nicht mehr sehen, es ist alles doof und ich finde keine Konzepte, um mit Freude weiter zu spielen. Wie immer, gibt es auch hier bestimmt Ausnahmen, die ein und dieselbe Liste ohne Ermüdungserscheinungen 100 Spiele in Folge zocken können, nur um hier und da etwas an ihrem Punktespiel zu justieren.

Um diese Ausnahmen wird es hier nicht gehen. Es liegt in der (traurigen) Natur vieler Tabletopspiele, dass es im Laufe der Editionen immer wieder ein Auf und Ab der jeweiligen Fraktionen gibt und mit stetig neu erscheinenden Regeln, liebgewonnene Listen nicht mehr funktionieren oder auch einem die gesamte Fraktion hoffnungslos unterlegen erscheint. Aber auch, wenn die eigene Fraktion gerade voll oben auf der Metawelle schwimmt (ein Ausdruck, der bedeuten soll, dass die eigene Fraktion gerade, zumindest in der Statistik, sehr stark ist) kann es leicht dazu kommen, dass man die Lust am Spiel mit der Fraktion verliert. Oder auch nur mit der speziellen Liste, die man sich erarbeitet hat, damit sie in einem Turnier gut funktioniert. Um ein selbst erlebtes Beispiel zu benennen: Ich habe seit Beginn der 9. Edition Warhammer 40.000 Necrons gespielt (oder na gut, versucht sie zu spielen, bald kam ja die Covid Sache dazwischen und da ich TTS grauenhaft finde, war es dann lange nichts mehr mit Tabletop spielen). Und es ging ganz gut, bis die ersten anderen Codizes für die 9. Edition erschienen und meine Fraktion sich immer mehr anfühlte wie… naja jedenfalls nicht kompetitiv. Ich habe nicht aufgegeben und mich durch viele Niederlagen gespielt um eine Liste zu erarbeiten, die auf einem Turnier funktionieren würde. Dann diese Liste auch durch zwei Turniere gespielt (mit kleinen Änderungen zwischen beiden Turnieren), um danach in eine tiefes Motivationsloch für Necrons zu fallen. Ob es an dem momentanen Regelstand von 40K gelegen hat, an dem ständigen Verlieren oder den sehr frustrierenden Spielen, die sich fast immer wie ein Bergaufkampf angefühlt haben… Jedenfalls hatte ich es gründlich Satt Necrons zu spielen, jeder Versuch eine neue Liste zu schreiben endete schon in diesem Stadium, da sie in meinem Kopf alle nutzlos erschienen.

Wie Spielberichte und Turnierauswertungen manchmal erahnen oder erkennen lassen, ist das nicht immer unbedingt auch in der Realität so. Was kann man also konkret versuchen, um sich aus der mentalen Tief-Falle zu befreien? Wenn man sie hat, kann man eine andere Fraktion spielen. Abtauchen in völlig andere Regeln und Spielweisen, die mit der ermüdeten Fraktion eben nicht möglich sind. Oder auch ein ganz anderes Tabletop spielen, sei es Age of Sigmar, Kings of War oder Infinity. So kann man eine deutliche Trennung aufbauen, um später wieder unbefangener an seine “Turnierfraktion” ranzugehen. Sind diese Möglichkeiten warum auch immer keine Option und man hat nur die eine Fraktion, wird es kniffliger. Sicher man kann versuchen sich aus dem Tief rauszuspielen, also weitermachen mit der Liste und sehen, ob man durch konsequenteres Spiel aus Niederlagen Siege bauen kann oder einfach irgendwann von alleine aus dem Tief entkommen kann. Es kann natürlich auch helfen, wenn man zunächst versucht auf das kompetitive zu verzichten. Einfach Listen bauen mit Modellen, die man toll findet, die evtl. schon seit längerem Staub fangen und endlich mal wieder auf das Schlachtfeld wollen. Durch Zufall gelingt es einem so, sogar gute Listen zu bauen, die man vorher vielleicht gar nicht in Betracht gezogen hätte. Sicher, hat man nur Gegner in seinem Spielmeta, die nichts anderes spielen können/wollen als hartes Turnierspiel, kann der Versuch sich so abzulenken schwierig werden, wenn man wiederum Niederlagen einsteckt, weil die Spaßliste eben das ist. Man kann mit seinen Spielerkollegen reden, ihnen das eigene Problem erklären und fragen, ob Sie evtl. auch mal Lust auf Quatschlisten haben, die sie sonst nie spielen würden. So kann evtl. die eigene Spielrunde eine Auszeit von der Jagd nach der competitive edge nehmen. Wer weiß, vielleicht geht es anderen ja auch so wie einem selbst und man kann gemeinsam gestärkt aus der Sache herausgehen und durch die Auszeit einen neuen, frischen Blickwinkel auf die alten Listen gewinnen oder auch erkennen, was vorher nicht so gut gelaufen ist.

Schlussendlich hilft es auch ganz aufs Tabletop zu verzichten. Die Bücher lesen die zu letzt auf der Strecke geblieben sind, mehr mahlen, mehr Bewegung oder auch die Computerspiele durchsuchten, die auf Halde liegen geblieben sind. Tabletop (oder jedes andere Hobby) sollte einem Spaß machen, es sollte eine Möglichkeit sein, in seiner Freizeit abzuschalten und Erholung zu finden. Stellt man fest, dass es zu Arbeit ausartet oder sogar mehr Energie fordert, als es einem zurückgibt, sollte man sich Zeit nehmen um gründlich darüber nachzudenken, wie es dazu gekommen ist und was man für Schritte unternehmen kann dem entgegenzutreten. Das gute an Miniaturen ist, sie werden nicht schlecht. Wenn die Regeln gerade schrecklich sind, kann man auf die nächsten warten und in der zwischenzeit etwas anderes machen (auch wenn ich persönlich das für eine schreckliche Alternative halte, aber diese Artikel wollen versuchen positiv zu bleiben also erspare ich meine endlosen Nölrants über die Unfähigkeit macher Firmen solide Regeln zu schreiben den geneigten Lesern) oder man sucht nach Ersatzregeln mit denen man weiter spielen kann (wie z. B. One Page Rules, die erfreuliche kurze Regeln für beinahe jede Spielart von Tabletop bereit halten, sowie einer großen Anzahl an Armeelisten für das jeweilige Setting).

Es ist schwer zum Thema Motivation etwas einheitlich allgemeingültiges zu schreiben. Als ich den Vorschlag bekam, das als Thema für einen Artikel aufzugreifen war ich sehr versucht zu antworten, wie soll ich über etwas schreiben, was ich selber gerade suche? Also… wie soll ich Tipps oder Ratschläge zu etwas geben, von dem ich selber gerade nicht genug zu haben scheine? Und dann das übliche Problem, dass entgegen populistischer Mediendarstellung, es ja doch keine Antwort gibt, die für jeden gelten kann, dafür sind wir zu verschieden. Wo man aber, denke ich, den Versuch starten kann anzusetzen ist das oben aufgeführte und hier wiederholte: Ein Hobby sollte nicht frustrieren. Es sollte einem eine Beschäftigung geben, die einem Spaß macht, die man gerne verrichtet. Erfüllt das Hobby diese Anforderung nicht sollte man gründlich prüfen woran das liegt und dann Schritte unternehmen um die Gründe für den Mangel an Spaß/Entspannung zu beseitigen.

In diesem Sinne,

Viel Spaß und viel Gück

der unglaubliche Ochsenfrosch

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